Stolpersteine und Stelen in Erinnerung an Mirjam Cohen
Die Stadt Husum und die Theodor-Storm-Schule (TSS) hatten gemeinsam zur Verlegung zweier Stolpersteine und der Vorstellung zweier Informationsstelen zum Gedenken an Mirjam Cohen, eine ehemalige jüdische Schülerin der Höheren Töchterschule, eingeladen.
Im November 2010 wurde bereits ein Stolperstein zu ihrem Gedenken in der Theodor-Storm-Straße verlegt, dort, wo 1900 die Höhere Töchterschule eingeweiht worden war und das Gebäude viele Jahrzehnte später als Volkshochschule diente.
Inzwischen gibt es das Objekt nicht mehr, es wurde abgerissen. Auch der Stolperstein wurde 2016 entfernt und war seitdem in einer Vitrine der Theodor-Storm-Schule untergebracht. Die TSS hält die Erinnerung an Mirjam Cohen lebendig, unter anderem mit Projektarbeiten, einem Theaterstück sowie einer Figur auf dem Schulgelände. Die Frage, wo der Stein eigentlich hingehört, stand lange im Raum und führte zu Diskussionen zwischen Stadt und Schule.
Umso mehr freute sich die städtische Gleichstellungsbeauftragte, Britta Rudolph, gemeinsam mit der Husumer Frauengeschichtswerkstatt am Tag der „Rückverlegung“ an den Ursprungsort. Die TSS hat aufgrund eines großen Engagements dafür gesorgt, dass ein zweiter Stolperstein für Mirjam Cohen angefertigt und mittlerweile vor der Schule verlegt wurde.
Bürgermeister Martin Kindl hielt zur Verlegung des Steines in der Theodor-Storm-Straße ein Grußwort und erinnerte an das Jahr 2010. „Die Erstverlegung wurde von der damaligen Bürgervorsteherin Birgitt Encke begleitet und ich freue mich sehr, dass sie auch heute dabei ist.“ Kindl richtete seine Grüße von den Mitarbeitenden des Rathauses aus, ebenso die des Stadtverordnetenkollegiums sowie von Bürgervorsteher Robert Koch, der ebenfalls anwesend war.
„Der Stolperstein von damals kommt nun wieder dahin, wo er hingehört“, sagte Martin Kindl und freute sich, dass für die TSS „eine adäquate Lösung“ gefunden wurde. Er dankte den Schülerinnen und Schülern der TSS, die maßgeblich an der Neuverlegung des Stolpersteins beteiligt waren.
Mirjam Cohen sei während einer Schreckensherrschaft aufgewachsen, die viel Leid mit sich brachte. „Nicht nur über Jüdinnen und Juden, sondern über ganze Generationen in Europa.“ Zig Millionen Tote habe das Regime im zweiten Weltkrieg verursacht. „Für alle diese Opfer haben wir die Stolpersteine in Husum. Es ist eine gute Symbolik für Menschen, die hier entlang laufen. Sie werden an die Zeiten von damals erinnert, halten vielleicht inne, schauen sich die Stele an und denken darüber nach. Wir alle leben hier in einer freien Welt und in einer freien Gesellschaft.“
Diese Freiheit sei nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde erkämpft. Sie müsse nicht Bestand haben, wie der Blick auf die Welt in diesen Zeiten zeigen würden. „Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unsere Gesellschaft so frei bleibt, wie sie es in den vergangenen siebzig Jahren gewesen ist“, so der Bürgermeister.
Im Anschluss weiterer Reden begaben sich die Gäste während einer Stadtführung mit den TSS-Schülerinnen Jette Rillox und Melina Koch auf den ehemaligen Schulweg Mirjam Cohens. Der Ausklang der Veranstaltung fand in der TSS statt.
Mirjam Cohen
- 23. Mai 1923
geboren in Berlin als Tochter des Rabbiners Dr. Benjamin Cohen und seiner Frau Bertha; Mirjam wuchs ohne Geschwister auf - 1928
Umzug nach Friedrichstadt und Besuch der dortigen Volksschule; der Vater war Rabbiner der Jüdischen Gemeinde - 1933-1937
Städtisches Oberlyzeum in Husum (gegründet von Sophie Jacobsen; die Schule ist die heutige TSS) - 1937/38
Flucht nach Hamburg ins Grindelviertel - 05.12.1938
Flucht nach Amsterdam - 26.05.1943
Verschleppung ins Übergangslager Westerbork / Niederlande - 16.11.1943
Deportation der Familie nach Auschwitz - 19.11.1943
Ermordung von Mirjam und Bertha Cohen in Auschwitz - 31.03.1944
Ermordung von Benjamin Cohen in Auschwitz