Es kann jeden treffen
Etwa 50 Menschen kamen zum Treffpunkt Mensch (Lebenshilfe) im Soltbargen auf Einladung des Seniorenbeirates Husum zusammen. Hauptsächlich, um im Rahmen einer öffentlichen Sitzung Polizeihauptkommissar Pfeiffer zu hören, der zum Thema „Enkeltrick“ referierte.
Gleich zu Beginn war klar, alle Teilnehmenden waren bestens informiert. Das verwunderte Polizeihauptkommissar Pfeiffer nicht, dennoch sagte er: „Es ist nicht die Frage, ob sie Opfer eines Betrugsversuches werden, sondern wann. Und es kann wirklich jeden treffen, selbst einen ehemaligen Kommissar, der jeden Trick als Sachbearbeiter schon kannte.“
Die Täter und Täterinnen seien hochgradig geschult in Sachen Kommunikation. Hätten sie erst einmal den Kontakt hergestellt, spielten sie die ganze Klaviatur der Emotionen. „Und wenn wir starke Emotionen haben, ist unser rationales Denken stark beeinträchtigt“, so der Hauptkommissar. Vor allem die Gefühle „Angst“, „Liebe“ und „Gier“ würden gnadenlos von Betrügern angesprochen. Sei es der Enkel, der in Schwierigkeiten steckt, ein Angehöriger, der angeblich einen schweren Unfall hatte oder die Drohung einer Strafverfolgung, wo nur eine Kaution noch helfen könne.
Durch die Presse gingen viele Fälle, wo es immer wieder geklappt habe. „Hunderttausend Euro ergaunere ich nicht bei einem Dummkopf“, so der Hauptkommissar. Die Frustrationsgrenze bei Betrügern sei sehr dehnbar. Sollte von 200 täglichen Anrufen nur einer klappen, sei der Erfolg aus krimineller Sicht bereits da.
Er nannte auch Zahlen aus Schleswig-Holstein von 2022. Beim „Enkeltrick“ hätte es 1.551 Anzeigen und 50 aus Sicht der Täter „erfolgreiche“ Fälle mit einem Schadenwert von 1,2 Millionen Euro gegeben. Der „WhatsApp-Betrug“ mit der angeblich neuen Handy-Nummer habe 2.970 Anzeigen, 575 Taten und einen Schadenwert von 1,68 Millionen Euro ergeben. Diese Masche sei besonders lukrativ, weil die Vorarbeit meist durch automatisierte Computerprogramme ablaufe und so für die Täter nicht sehr arbeitsintensiv sei.
An der Haustür stehende falsche Polizeibeamte seien 2.900 Mal angezeigt worden, es habe zwar „nur“ 24 erfolgreiche Taten gegeben, aber mit einem Gesamtschaden von 1,24 Millionen Euro.
Die Dunkelziffer bezeichnete er aber als noch wesentlich höher, denn nicht jede Tat würde zur Anzeige gebracht. Zum einen sei es die Erkenntnis „es bringe ja nichts“, was zum Teil auch stimme, denn die Nachverfolgung von – oft sogar gefälschten – Telefonnummern führe meist ins Ausland. Zum anderen sei es die Scham, auf einen Betrug hereingefallen zu sein und die Angst, dass die Kinder nun endgültig der Ansicht seien, Vater oder Mutter gehörten ins Pflegeheim.
Aber damit es gar nicht zu solchen „erfolgreichen“ Betrügereien am Telefon oder der Haustür kommt, gab er folgende Ratschläge:
- Im Zweifelsfall immer den Telefonhörer auflegen oder die Tür schließen und die Notfallnummer 110 anrufen. Am besten bei unbekannten Telefonnummern nicht ans Telefon gehen, sondern den Anrufbeantworter anspringen lassen. Nicht auf Rückruf drücken, sondern eher selbst die Nummer wählen. Vorher Nummer im Internet prüfen. Oft sind diese schon mit Warnungen belegt.
- Niemals bei unbekannten Nummern antworten oder zurückrufen. Telefonbucheinträge möglichst meiden, auf den Hinweis des Straßennamens verzichten und nur den Nachnamen angeben. Außerdem sollte man mit seinen Familienangehörigen ein Familienkennwort für Notfälle vereinbaren.
- Man sollte an keiner Umfrage teilnehmen und keine Daten am Telefon preisgeben. Bei den Schockanrufen gilt es zu wissen, dass die Polizei niemals unter der Nummer 110 anruft, nie Schlimmes per Telefon mitteilt, nie Daten am Telefon erhebt oder nach Wertsachen fragt. Auch Kautionen werden nicht eingefordert und nie Wertsachen zur Sicherung entgegengenommen.
- Beim Thema Gewinnspiel sollte man beachten, dass es keine seriösen Gewinnspiele gibt, die telefonisch einen Gewinn mitteilen oder eine Vorleistung verlangen.
- Und an der Haustür gilt, niemanden hereinzulassen, wenn nötig – zum Beispiel das erbetene Glas Wasser – durch den Türspalt herausgeben und niemals auf Diskussionen eingehen.
So werde man aus dem potenziellen Opfer zum Gegner und „darauf haben die Kriminellen keine Lust", sagte Polizeihauptkommissar Pfeiffer.